Titelbild: Flugzeug kurz vor dem Start

An einem Morgen im Mai 2023 wache ich um 5:58 Uhr auf, für meinen Flug um 7:20 Uhr. Welches bedeutet, ich habe mein 5:30 Uhr Taxi verpasst.

Ich überlege für einen kurzen Moment – Flug verpassen wäre leider sehr blöd, vor allem finanziell. Schaffe ich das denn noch??? Ich mache Anstalten, zu checken, ob der Flug praktischerweise zu spät ist, und stoppe mich im Versuch. Was soll das, Maria, denke ich mir. Entweder du bist dabei oder lässt es bleiben. Spiel aufs Ganze. Ich beschließe, es trotzdem zu versuchen. Auch wenn ich vor verschlossenem Gate sitzen würde, lohnt es sich. Mittlerweile ist es 6:01. Ich rufe noch einmal bei der Zentrale an, um ein neues Taxi zu bestellen, ziehe meine Jeans an und schnappe mir meinen Koffer. Ich bin nicht eingecheckt, das will ich auf der Taxifahrt machen.

Der Taxifahrer kommt zügig, ich erkläre ihm die Sachlage. Es ist mittlerweile 6:11. Er meint, wir schaffen das. Ich denke das auch. Auf dem Weg versuche ich einen Check-in, aber ich werde gezwungen, zum Schalter zu gehen für meine Bordkarte. Nicht einmal für Geld kann ich per App einchecken.

Der Fahrer slalomt sich währenddessen durch den beginnenden Berufsverkehr von Barcelona. Mir ist schnelles Autofahren nicht angenehm, aber dieses Mal ist mir alles egal. Er tut seinen Job hervorragend. Um Punkt 6:25, 55 Minuten vor Flugstart, komme ich im Flughafen an. Ich gebe dem Fahrer ein saftiges Trinkgeld und muss noch zum Check-in Schalter für die Bordkarte, aber auch das geht zügig vonstatten, weil ich ja jetzt eine Last-Minute-Person bin (wobei jetzt gefühlt mehr Zeit ist). Ich bekomme sogar ein Bändchen für mein Köfferchen, dass ich damit auch ja in die Maschine darf.

Ich gehe zur Sicherheitskontrolle, wo sich trotz der frühen Zeit die ersten Schlangen formen, und frage nach einer Schlange, die wenig besetzt ist. Ich werde zwei weiter geschickt. Ich versuche mich zwischen zu schieben und frage einen Mann, ob ich vor ihm darf. Als er mit Ja antwortet, merken wir beide, dass wir 4 Tage vorher, bei Ankunft in Barcelona, am U-Bahn Ticketschalter im selben Terminal miteinander gesprochen hatten. So ein Zufall aber auch, wir finden das beide sehr lustig. Ich packe meine Sachen für die Kontrolle aus. Wir sind mitten im Gespräch, als ich dann endlich dran bin und durch das kleine Tor gehen darf.

Während ich warte, bis mein Kram durchleuchtet wird, höre ich eine weibliche Stimme neben mir, die ich meine zu kennen. Ich drehe mich um. Sie steht mit dem Rücken zu mir. Könnte sie das sein? Oh ja. Kleiner als ich, Check. Locken, Check. Sie gehört zum Security Team, ist in Uniform. »Anabel?«, frage ich. Sie dreht sich um.

Sie braucht einen kurzen Moment, es ist immerhin 15 Jahre, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben.

Dann weiten sich ihre Augen: »Maria!!!« und wir fallen uns in die Arme. Und müssen so lachen, vor allem ich. Von allen Security Schlangen habe ich diejenige ausgesucht, in der sie gerade Dienst hat.

Wir kennen uns von vor 20 Jahren im Taichi; später auch vom Kung Fu. Wir gehörten zu den wenigen Frauen in der Klasse, hatten auch viel unternommen zusammen. Ich verbrachte damals viel meiner Freizeit in dieser Kampfkunst-Schule. Wir können es beide nicht fassen, umarmen uns immer wieder.

»Schau mal, wer hier ist« sagt sie und tritt zur Seite. Hinter ihr steht grinsend ihr Mann Christian, der damals ebenfalls zum Freundeskreis gehörte. Nur, dass sie damals gerade zusammen gezogen waren, als ich nach Berlin zog.

Christian und ich schlagen ein, und ich schwebe wie auf einer Wolke von so vielen Eindrücken. »Hey, Mann, alles klar?« Umarmungen, Lachen. Die Freude, dass sie noch zusammen sind.

Indes ist der Bekannte aus der Schlange schon durch das kleine Tor und wartet hinter mir auf seine Tasche. »Mensch, du kennst hier ja mehr Leute als Facebook«, meint er. Ich muss so lachen. Hätte ich nicht verschlafen, hätte ich dieses Abenteuer verpasst.

Anabel und ich sprechen noch ein paar Minuten, während ich meine Sachen wieder einpacke. Sie erzählt mir, wie sie beide, Christian und sie, dort gelandet sind. Ausgerechnet der Flughafen... Wir umarmen uns noch einmal und sie schickt mich zu meinem Gate. Im Flugzeug schreibe ich ihr eine SMS. Ich freue mich so, dass wir wieder in Kontakt sind. Sie zu treffen verbindet mich wieder mit dem, was ich mit dieser Zeit in der Kung-Fu-Schule gelernt habe. Die Kameradschaft, das Sein, das miteinander Teilen und das Leben, einfach das Leben.





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