Es gibt doch schon genug gute Violinisten. Oder etwa nicht? Warum solltest du dich also auch noch dazu stellen? Warum auch noch vorspielen, warum dich auch noch auf die Stelle bewerben?

Ganz einfach: Es gibt niemanden, der das Brahmskonzert so fühlt wie du. Niemand sonst hat diesen persönlichen Bezug dazu, den du hast. Und genau das interessiert mich: zu hören, wie du dieses Stück fühlst.

Eine andere Frage ist natürlich, ob du in dem Moment, wenn es ernst wird, überhaupt in Kontakt gehen kannst mit deinem persönlichen Gefühl für das Brahmskonzert. Schaffst du das nicht, ist deine Performance im besten Falle technisch korrekt, sie berührt aber nicht. Weder dich, noch das Publikum. Worst-Case-Szenario: Du eiferst einer anderen Violinistin nach und scheiterst daran. Denn du bist nicht sie und ihre Spielweise kann auch nur aus ihr herauskommen und nicht aus dir und deiner Emotion. Dein Vortrag wird also zu einer Anstrengung - oder zu einem Du-Vakuum. Ich sage Du-Vakuum deshalb, weil dein emotionales Erleben wie von einer Glasschicht umgeben ist.

Und unter einer Käseglocke zu spielen ist außerdem nicht angenehm.

Nichts, was du tust, dringt wirklich zu deinen Zuhörern. Du findest keinen intensiven Kontakt zu dem, was du fühlst. Du tauchst quasi in deiner Musik nicht mehr auf. Dadurch entsteht eine Negativ-Spirale, die innerlich immer mehr Druck erzeugt. Der Kontakt nimmt noch weiter ab. Vielleicht glaubst du, du müsstest etwas Bestimmtes erfüllen, das du nicht bist.

So oder so - auf Dauer ist das schwer auszuhalten.

Aber, die gute Nachricht ist, das kann sich ändern.

Du kannst heute etwas tun, um diese Glaswand zu durchbrechen. Und zwar indem du dich fragst: Wie geht’s mir denn gerade? Wie geht’s mir körperlich, mental, emotional? Und gar nicht unbedingt aufs Musizieren bezogen, sondern verteilt über den Tag. Beim Aufstehen. Vor dem Üben. Beim Einkaufen gehen. Vor dem Schlafengehen - du verstehst, was ich meine. Und dann geht es darum, wahrzunehmen, was da in dir auftaucht.

Denn, was immer da auftaucht, ist der erste Schritt. Du kannst mit deinem persönlichen Gefühl, ganz gleich, welches es ist, die Glaswand mit der Zeit zum Bröckeln bringen. Denn so fängst du an, in deinem eigenen Erleben aufzutauchen.

Es gibt Platz für viele Violinisten in der Musikwelt, auch für dich. Du bist wichtig. Deine Stimme wird gebraucht. Eine Frage bleibt jedoch: Hast du den Mut, die Käseglocke zu durchbrechen? Ist dein Commitment groß genug, um als dein volles Ich zu erscheinen?

Denn es braucht dich dazu, dass du deinen Platz einnimmst. Aber eigentlich weißt du das schon längst, tief in dir drinnen, nicht wahr?






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